Dieser nach seinem "Entdecker" Dr. Moro benannte (der ihn auch als Umklammerungsreflex bezeichnete) und unter anderem als Angst- Schreckreflex bekannte frühkindliche Reflex soll hier exemplarisch näher behandelt werden, weil seine Folgen zu den häufigsten Beweggründen zählen, weswegen sich Menschen für eine Neuromotorische Entwicklungsförderung entscheiden.
Der Moro-Reflex entsteht in der 9. Schwangerschaftswoche, ist bei der Geburt vollständig vorhanden und sollte bis zum vierten Lebensmonat gehemmt sein.
Er ist gekennzeichnet durch unmittelbare Erregung aufgrund von plötzlichen, unerwarteten Reizen (Lageveränderung, Lichtwechsel, Geräusch, Schmerz,….). Es folgt ein schnelles Einatmen, kurzes „Erstarren“ und schließlich ein Ausatmen oft zeitgleich mit einem Schrei.
Zusammen mit der bereits beschriebenen Reaktion öffnen sich zuerst Arme und Beine nach außen, um sich dann rasch wieder zu einer Umarmungs- oder Greifbewegung zu schließen.
„Der Moro-Reflex ist eine unwillkürliche Reaktion auf eine Bedrohung. Das Baby ist noch nicht in der Lage, von außen kommende Sinneseindrücke zu analysieren, um dann feststellen zu können, ob sie wirklich eine Bedrohung darstellen oder nicht. Der Gehirnstamm löst eine unmittelbare Moro-Reaktion aus, so als wenn ein Notschalter automatisch ausgelöst worden wäre. Er fungiert als die früheste Form der Kampf- oder Fluchtreaktion und kann in Situationen extremer Gefahr gelegentlich auch noch später im Leben ausgelöst werden.“ Aus: Goddard-Blythe, Sally: Greifen und Begreifen, Kirchzarten bei Freiburg, 10. Aufl., 2013, S. 24.
Wird der Moro-Reflex nicht rechtzeitig gehemmt, befindet sich das Kind ständig in einem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit, also in „Alarmbereitschaft“. Die Produktion der Stresshormone Adrenalin und Cortisol wird angeregt, die die Sensibilität und das Reaktionsvermögen erhöhen sollen. Ein solches Kind ist also einerseits außerordentlich sensibel, aufnahmefähig, fantasievoll und einfallsreich, andererseits unreif und zu Überreaktionen neigend. So wird aus ihm entweder ein ängstliches Kind, das oft mit Rückzug reagiert, das Schwierigkeiten hat, Kontakte zu finden und Zuneigung weder gut zeigen noch annehmen kann, oder aber es entwickelt sich zu einem überaktiven, aggressiven Kind, das sich leicht aufregt, unfähig ist, Körpersprache zu verstehen und Situationen gern dominiert.
Man kann sich vorstellen, wie belastend es für ein Moro-Kind sein muss, mit diesem „Rucksack“ an unkontrollierbaren Körperreaktionen durchs Leben zu gehen. Hinzu kommt noch das oft angeschlagene Immunsystem, das sich nicht mehr auf seine ursprüngliche Aufgabe der Krankheitsabwehr beschränken kann, sondern vorwiegend für den „Stressabbau“ eingesetzt werden muss.
Andere fortbestehende Reflexe wirken sich eher auf spezifische Fertigkeiten negativ aus, stattdessen hat der Moro-Reflex Auswirkungen auf das gesamte emotionale Profil des Kindes. Auch das Gleichgewichtssystem kann betroffen sein, so leiden "Moro-Kinder" beispielsweise häufig unter Reiseübelkeit, schlechter Balance und Koordination.
Bei der klassischen Übung zur nachträglichen Bearbeitung des Moro-Reflexes wird die reflexhafte Bewegung der Abduktion der Arme und Beine ganz langsam und nach genauer Vorgabe imitiert. Die Augen sind dabei geschlossen.
Mögliche sekundäre psychologische Symptome
Der Moro-Reflex ist der einzige der primitiven Reflexe, der mit allen Sinnessystemen verbunden ist. Da er als erster frühkindlicher Reflex auftaucht, bildet er einen Eckstein im Fundament des Lebens. Er ist unverzichtbar für das Überleben des Neugeborenen, führt aber zu tiefgreifenden Folgen, wenn er nicht zur richtigen Zeit gehemmt und in eine erwachsene Schreckreaktion umgewandelt wird.
Diese erwähnte erwachsene Schreckreaktion (auch Strauss-Reaktion oder Startle-Reaction genannt) besteht aus einem schnellen Hochziehen der Schultern, gefolgt von einer Drehung des Kopfes, um die Störquelle (Geräusch, Geruch, Licht,...) herauszufinden. Sobald diese identifiziert ist, fährt die Person mit dem fort, was sie gerade getan hat. Die Ausschüttung von Stresshormonen und das Sich-Vorbereiten des Körpers auf eine bedrohliche Flucht- oder Kampfsituation bleiben aus.
Mag. Juliane Beyerl
Pädagogische Praxis für Entwicklungsförderung
Bewegen- Begreifen- Bewusst hören
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