Über frühkindliche Reflexe und ihre Auswirkungen auf die frühkindliche Entwicklung

Sally Goddard Blythe, eine englische Pädagogin und Ehefrau des INPP-Gründers und Psychologen Dr. Peter Blythe, die sich bereits ihr ganzes Berufsleben mit diesem Phänomen beschäftigt, definiert Reflexe so: „Ein Reflex ist eine unwillkürliche Reaktion auf einen Reiz und den gesamten physiologischen Prozess, der ihn aktiviert.“

 

Dr. Harald Blomberg erklärt: „Primitive Reflexe sind automatische, stereotype, vom Stammhirn gesteuerte Bewegungen. Diese Reflexe steuern die motorischen Aktivitäten des Fötus und des Neugeborenen und müssen gehemmt und integriert werden, damit sich die Motorik des Kindes richtig entwickeln kann. Das Kind integriert die primitiven Reflexe, indem es rhythmische Bewegungen macht, die die Muster der verschiedenen Reflexe wiederholen.“

 

Es gibt eine Reihe von frühkindlichen Reflexen, jeder hat seine ganz bestimme Aufgabe in der frühen Entwicklung eines Menschen. Grob kann man sie in drei Gruppen unterteilen:

1.      Intrauterine Reflexe entstehen im Mutterleib und werden auch vorgeburtlich gehemmt. Es sind Rückzugsreflexe des Embryos, mit dem Zweck, ihn zu schützen.

2.      Primitive Reflexe entstehen im Mutterleib, sollten zum Zeitpunkt der Geburt vollständig entwickelt sein und nach und nach vom sich entwickelnden Gehirn gehemmt werden. Dazu zählen der Mororeflex, der Asymmetrisch tonische Nackenreflex (ATNR), der Tonische Labyrinthreflex (TLR), der Spinale Galantreflex, die Hand- und Fußgreifreflexe, die Such- und Saugreflexe. Die primitiven Reflexe haben Schutz- und Überlebensfunktion beim Neugeborenen und sollen die weitere Bewegungsentwicklung anbahnen.

Zwischen den Punkten 2 und 3 gibt es die sogenannten Brückenreflexe, die während oder nach der Geburt entstehen und einen Übergang zu den bleibenden Reflexen darstellen. Dazu zählen der Symmetrisch Tonische Nackenreflex (STNR) und der Landaureflex.

3.      Posturale Reflexe nennt man auch Halte- und Stellreaktionen, etablieren sich nach der Geburt, sollten bis zum Alter von dreieinhalb Jahren voll entwickelt sein und ein Leben lang erhalten bleiben. Dazu zählen unter Anderem Kopfstellreflexe, Abstützreaktionen und Rollreflexe.

Jeder dieser unter Punkt 2 genannten Primitiven oder Frühkindlichen Reflexe hat seine ganz bestimmte Aufgabe in der frühkindlichen Entwicklung des Säuglings. Hier sei noch einmal die Schutz- und Überlebensfunktion sowie die Bewegungsentwicklung genannt. Weiters hat jeder dieser Reflexe eine bestimmte Waltezeit, in der er seine wichtige Funktion ausüben soll. Bestehen sie oder Teile davon über ihre Wirkdauer hinaus, können sich unter Umständen die lebenslang erhaltenen Posturalen Reflexe nicht oder nicht ausreichend entwickeln, und man spricht von aberranten, persistierenden Reflexen, das bedeutet abweichend, fortbestehende Reflexe.

 

Die schwerwiegendste Folgeerscheinung von persistierenden frühkindlichen Reflexen ist wohl unter dem Begriff STRESS zusammenzufassen. Ein nicht gehemmter Moro-Reflex (Angstreflex) beispielsweise hat weitreichende Folgen wie Gleichgewichtsprobleme, die sich auch als Reiseübelkeit zeigen können, Überempfindlichkeit auf visuelle, akustische oder anderer sensorischer Reize, Angststörungen, Panikattacken, Immunschwächen, psychosomatische Erkrankungen, Ausdauer- und Konzentrations-schwächen, Schwankungen im Blutzuckerspiegel. Es können sekundäre psychische Probleme dazukommen, beispielsweise Stimmungsschwankungen, Kritikempfindlichkeit, übermäßige Entscheidungsschwäche, schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, Gefühl der Unsicherheit, Abhängigkeit, das Bedürfnis, Situationen zu kontrollieren oder zu manipulieren, überschießende Reaktionen auf äußere Reize.

 

Eine Ebene darunter stelle ich Ihnen vier der frühkindlichen Reflexe und ihre Auswirkungen auf den Alltag der Kinder noch genauer vor.